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Interview mit Andreas Irion, dem LichtBlick Seniorenhilfe Rentenexperten und stellvertretendem Präsidenten des Bundesverbandes der Rentenberater.

Wer 45 Jahre Vollzeit zum neuen Mindestlohn arbeitet, würde eine Rente von etwa 1.000 Euro im Monat erhalten. Das ist je nach Wohnkosten nur knapp über Grundsicherungsniveau.

[Andreas Irion]

 

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Ab Oktober gilt ein neuer Mindestlohn. Was bedeutet das für Seniorinnen und Senioren, die sich neben der Rente noch etwas dazuverdienen müssen oder wollen?

Wer ein paar Stunden in der Woche nebenbei arbeitet, und zum Mindestlohn beschäftigt ist, bekommt dann im Vergleich zu heute etwa 22 % mehr Gehalt. Für diejenigen, die den bisherigen monatlichen Höchstbetrag für Minijobs ausschöpfen, könnten es nur 70 Euro mehr sein, also rund 15%. Denn zusammen mit dem Mindestlohn wird auch diese Grenze erhöht, aber nur von 450 € auf 520 €.

Ist der Arbeitgeber zur Erhöhung gezwungen oder müssen die Mindestlohn-Beschäftigten das beantragen?

Den Stundenlohn muss der Arbeitgeber ab Oktober von alleine auf 12 Euro erhöhen, wenn er bisher weniger bezahlt. Die Erhöhung von 450 auf 520 Euro gibt es aber nicht für alle automatisch. Wer heute schon 450 Euro verdient und dafür weniger als 8 Stunden 40 Minuten in der Woche arbeitet, bei dem muss das Gehalt gar nicht erhöht werden, sondern darf bei 450 Euro bleiben. Denn es liegt schon bei mindestens 12 Euro.

Besteht Gefahr, dass das die Erhöhung durch den Mindestlohn zum Teil gleich wieder bei der Rente abgezogen wird?

Auf die Rente wird die Erhöhung jedenfalls bei den allermeisten nicht angerechnet. Wer die Regelaltersgrenze überschritten hat, derzeit also Jahrgang 1956 und älter, kann ohnehin unbegrenzt dazuverdienen. Bei jüngeren Rentnern gibt es Freibeträge, die oberhalb von 520 Euro im Monat liegen.

Und wie ist das mit den Hinzuverdienstmöglichkeiten für diejenigen Rentnerinnen und Rentner, die Grundsicherung im Alter beziehen?

30 % ihres Einkommens werden nicht auf die Grundsicherung angerechnet, maximal jedoch in Höhe der halben Regelbedarsstufe I, also derzeit maximal 225 Euro im Monat.

Wenn aus dem 450-Euro-Job ein 520-Euro-Job würde, hätte man also unterm Strich 21 Euro mehr pro Monat im Geldbeutel.

Allerdings kenne ich nur wenige Grundsicherungsbezieher, die einen solchen Job machen, bei dem ja dann – wenn man 30 % behalten kann – 70 % abgezogen werden. Das ist gewissermaßen ein Spitzensteuersatz für die wirtschaftlich drangsaliertesten in unserem Land.

Wird denn der höhere Mindestlohn zukünftigen Rentnerinnen und Rentnern helfen, Altersarmut zu vermeiden?

Wir haben das vom Bundesverband der Rentenberater einmal ausgerechnet unter Einbezug der Grundrente und mit plausiblen Annahmen. Wer 45 Jahre Vollzeit zum neuen Mindestlohn arbeitet, würde eine Rente im Niveau von netto 1.000 Euro im Monat erhalten. Das ist je nach Wohnkosten nur knapp über Grundsicherungsniveau.

Den größten Sprung nach vorne beim neuen Mindestlohn bei der Rente würden Teilzeitbeschäftigte machen, die etwas rund 20 Stunden pro Woche arbeiten. Deren Rente würde sich nach 35 Beitragsjahren mehr als verdoppeln auf etwa 670 Euro. Das nützt natürlich nur denjenigen, die am Ende nicht auf Grundsicherung angewiesen sind, z.B. weil Dank des Partners die spätere Rente als Bedarfsgemeinschaft oberhalb der Grundsicherung liegt.

Zuletzt haben Sie auf unserer Webseite darauf hingewiesen, dass sich Rentenbeiträge aus Minijobs für Rentner fast immer lohnen. Hand aufs Herz: Um wieviel erhöht sich denn die Rente, wenn ab Oktober 520 Euro im Monat im Minijob verdient werden würden?

Wer als Neurentner nach der Regelaltersgrenze im Oktober die vollen Rentenbeiträge abführt, vom Verdienst der 520 Euro also auf 3,6 % verzichtet, das sind knapp 19 Euro, der erhöht seine Rente bereits mit dem einen Rentenbeitrag aus diesem einen Monat um 50 Cent monatlich ab Juli 2023.  Nach 4 Jahren wäre man also im Plus.

Tipp:

Noch ein Tipp für diejenigen, die erst kurz vor der Rente stehen: Manchmal hängt der spätere lebenslange zusätzliche Anspruch von Sachverhalten ab, die Sie noch beeinflussen können. Wenn Sie nach dem Lesen des Artikels unsicher sind, ob Sie in die Gruppe der Berechtigten fallen, kann eine Rentenberatung (www.rentenberater.de) Sie unterstützen.

Stand: Mai 2022

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